Am Donnerstag tauchte plötzlich der erste Post/Trööt/Whatever von Mark Zuckerberg im Fediverse auf: “First Post in the Fediverse.” Was? Genau. Und seitdem zeigt die Fediverse-Statistik ihn auch gleich als popuärsten Account an, mit mehr als 4 Millionen Followern, gefolgt von Mastodon und Adam Mosseri, dem Instagram-Chef.
Warum ist Mark Zuckerberg im Fediverse? Hä? Technisch hat Zuckerberg irgendwie recht, aber irgendwie auch nicht. Denn gepostet hat er auf Threads, dem jungen Ein-Bisschen-Wie-Twitter-Dienst von Instagram. Seit 21. März ist Threads nach offiziellen Angaben “mit dem Fediverse verbunden”, also mit Diensten wie Mastodon, Pixelfed, Peertube oder anderen. Der Threads-Mutterkonzern Meta schreibt in seinem Blog:
Threads has entered the fediverse! As part of our beta experience, now available in a few countries, Threads users aged 18+ with public profiles can now choose to share their Threads posts to other ActivityPub-compliant servers.
Quelle: Meta
Ist Threads also wirklich im Fediverse? Irgendwie nicht. Nur Nutzende in einigen Ländern (USA, Kanada und Japan), die älter als 18 Jahre alt sind, können derzeit aktiv auswählen, dass sie ihre Posts auch im Fediverse teilen. Andere Länder, vor allem in Europa, sollen folgen. Bisher sind Posts von Threads.net im Fediverse nur zu lesen. Threads-Nutzende sehen nur, wieviele Likes sie bekommen, nicht aber, von wem. Und Antworten und Kommentare sehen sie auch nicht.
Ist Zuck wirklich der beliebteste Fediverse-Bewohner? Nöö, denn er sieht ja gar nicht, was mit seinen durchgestochenen Nachrichten im Fediverse passiert. Das ist in etwa so, als würde jemand laut seine Botschaften rufen, sich aber für Antworten oder Reaktionen nicht interessieren.
Wie ernst meint es Meta also wirklich mit dem Threads-Anschluss ans Fediverse? Sehr ernst, sagt Meta: Das Ziel sei, Threads “fully interoperable” zu machen, also vollwertig förderiert. Insta-Chaf Adam Mosseri schrieb in einem Thread auf Threads (?!), es werde mehr als ein Jahr dauern, bis Threads und das Fediverse vollwertig miteinander sprechen können.
Ist die Threads-Föderation nun gut oder schlecht? Darüber gibt es extrem unterschiedliche Ansichten. Die einen sagen: Prima. Wenn ein Dienst mit (zumindest zwischenzeitlich) mehr als 100 Millionen Nutzenden das Fediverse-Protokoll ActivityPub nutzt, hilft das dem Dienst. So hat es auch Mastodon-Gründer Eugen Rochko im Flipboard-Podcast gesagt. Andere sehen große Gefahren für das Fediverse – drei Buchstaben stehen dafür: EEE.
Was heisst EEE? Die drei Buchstaben stehen für “Embrace, Extend, Extiniguish”. Zunächst “umarme” (embrace) ein Tech-Riese wie Meta das ActivityPub-Protokoll und damit die Sprache des Fediverse. Die Mastodon- und Threads-Communities verwachsen miteinander (vor allem Mastodon, denn der Dienst ist Threads am ähnlichsten). Anschließend erweitert (extend) der Tech-Riese sein Angebot für die eigenen Nutzer, verwässert das Protokoll und benachteiligt die ursprünglich Nutzenden, um sie dazu zu bringen, den eigenen Dienst zu nutzen, hier also Threads. Und schließlich kappt der Tech-Riese seine Verbindung wieder. Zurück bliebe – im Falle von Threads – ein belangloses Mastodon.
Will Meta also das Fediverse auslöschen? Diesen Plan hat niemand geäußert. Und ich vermute, derzeit verfolgt ihn auch im Geheimen niemand. Aber niemand kann abstreiten, dass die Föderation von Threads diese Gefahr birgt. Dem XMPP-Chatprotokoll ist Vergleichbares passiert, als Google zunächst mitspielte und dem Protokoll dann den Hahn abdrehte. Eugen Rochko dagegen sagt: Schlimmer als vor der Threads-Föderation werde Mastodon auch nach einer EEE-Attacke nicht dastehen. Auch heise hat die Diskussion gut zusammengefasst.
Warum sonst sind Fediverse-Freunde gegen die Threads-Föderation? Mit der Förderation von Threads sind alle Trööts auch im Meta-Netzwerk sichtbar. Manche sehen darin die Gefahr, dass Meta massenhaft Informationen abschöpfen wird – und angesichts von Geschäftsmodell und Geschichte (die Rede ist von “new surveillance-capitalism overlords“) ist das nicht an den Haaren herbeigezogen. Die Threads-Datenschutzrichtlinie legt fest, dass Meta auch die Daten aus dem Fediverse nutzen wird, “um Threads zu verbessern”.
Kann sich das Fediverse denn wehren? Das ist der Charme: Jeder Fediverse-Server (“Instanz”) kann selbst entscheiden, ob sie mit Threads kommuniziert oder nicht. Es gibt bereits eine lange Liste von Instanzen, die sich gegen eine Föderation mit Threads entschieden haben, darunter digitalcourage.social, chaos.social oder troet.cafe.
Also Strich drunter, was denn jetzt? Ich bin eher beruhigt, dass es viele Stimmen gibt, die die Threads-Förderation entspannt beobachten. Denn die Meta-Entscheidung zeigt auch: Dem ActivityPub-Protokoll trauen auch Tech-Riesen vieles zu, und das ist doch super! Threads muss aber auf mittlere Sicht die Möglichkeit anbieten, mit einem Account zu einem anderen Server – weg von Meta – umzuziehen – erst dann hält Meta das Versprechen, dass das Fediverse gibt: ein Netzwerk, in dem Menschen frei entscheiden können, durch welche Tür sie es betreten. Und: Sicher steckt in der Förderation auch eine Gefahr, sicher wird Meta die Daten nutzen, um Gewinne zu maximieren. Aber auch das Fediverse wächst fleissig: Am 18. März hat Mastodon die 15-Millionen-Grenze gesprungen. Ganz so klein ist der David also auch nicht, mit dem der Goliath Meta sich hier anlegen würde.
POTUS im Fediverse – The New Social
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Tower
Bitte zeigt auch den Erstellungszeitpunkt eines Beitrages, da ansonsten, als Beispiel, der Beitragsbeginn „Am Donnerstag“ … sinnlos ist. 😉