Die Niederlande machen ernst. Seit einem Jahr betreibt die Regierung bereits die Mastodon-Instanz social.overheid.nl (was so viel heisst wie “sozial.regierung.niederlande) – bisher ein Pilotversuch, der nun in den Dauerbetrieb geht. Ab 2025 sollen alle Regierungsorganisationen und -ebenen die Möglichkeit erhalten, Mastodon zu nutzen. In einem Blog-Beitrag begründet die “Digitalregierung” (eine Seite “für Fachleute, die an der Digitalisierung arbeiten”) die Entscheidung so:
“Das trägt zur Verringerung der Verbreitung von Desinformation und zum Rückgang der Abhängigkeit von kommerziellen Social-Media-Plattformen bei. Das stärkt die digitale Autonomie und die sichere und zuverlässige Informationsversorgung. Das kann das Vertrauen der Menschen in die digitale Welt stärken.”
Quelle: digitaleoverheid.nl
Warum ist das wichtig? Die Niederlande haben in ihrer Digitalstrategie die Dezentralisierung von Angeboten und die Datensouveränität als wichtige Ziele festgeschrieben (darüber habe ich schon vor ein paar Wochen geschrieben). Digitalministerin Alexandra van Huffelen tritt mit Mastodon-Brosche auf Konferenzen auf, und auf europäischer Ebene propagieren die Niederlande EDIC, also gemeinschaftlich kontrollierte, offene Software und Plattformen.
Wie lief der Pilotversuch bisher? Sind wir ehrlich: nur “ganz ok”. Der Mastodon-Server der niederländischen Regierung hat bisher knapp 40 Nutzende – vom Königlich Meteorologischen Institut mit 3600 Followern über Ministerin van Huffelen (2500 Follower, siehe oben) bis hin zum Statistikbüro der Niederlande mit gerade mal 105 Followern – aller Anfang ist schwer. Zum Vergleich: Auf der anderen Seite erreicht der rechtspopulistische Geert Wilders, der bei der letzten Parlamentswahl 23 Prozent der Stimmen einstrich und an der Koalitionsregierung beteiligt ist, mit seinem X-Twitter-Account noch immer 1,4 Millionen Follower.
Strich drunter – bringt das dann überhaupt etwas? Auf der Public Spaces Conferences im Frühjahr in Amsterdam habe ich mit einem der Macher der “Overheid”-Instanz gesprochen, der den Erfolg eher zurückhaltend bewertete. Umso besser, dass die Regierung (trotz Regierungswechsel) dieses Projekt nicht aufgibt. Das Brett, alternative Plattformen zu stärken, ist dick. Ich find´s prima, dass die Niederlande weitermachen, trotz (oder gerade wegen) Wahlerfolgen von Populisten wie Geert Wilders. Denn eine Regierung entwirft politische Strategien – und dass dezentrale, demokratiestärkende Netzwerke in dieser Strategie einen Platz finden, das muss man sich für die Bundesrepublik erst noch wünschen.