Dieses dezentrale Netzwerk wird schon 25 Jahre alt!

Kennt Ihr das Logo? Es ist das Logo der RSS-Feeds. Und die feiern heute ihren Geburtstag. Am 15. März 1999 wurde das erste RSS-Protokoll veröffentlich, RSS 0.90, also: Happy Birthday, RSS ! Und obwohl sie schon silbernes Jubiläum begehen, finden RSS-(steht für Rich Site Summaries)Feeds gerade in diesen Tagen wieder neue Freunde. Warum? Sie helfen dabei, Texte von vielen unterschiedlichen Webseiten in einer App zu lesen – also in etwa so wie die Timeline von Facebook, nur eben ohne Facebook. Das ist super und findet mehr und mehr Freunde, weil RSS-Feeds eine der “Sprachen” sind, in denen das offene Internet funktioniert.

Der RSS-Feed von thenewsocial.de/feed

Was sind RSS-Feeds? Sie sind ein früherer Standard, um Inhalte einer Website für andere Websites zugänglich zu machen. Man muss sich diese Feeds vorstellen wie sich selbst aktualisierende, einfache Verzeichnisse, die den Inhalt einer Website abbilden (siehe Screenshot oben). Mit ihnen lassen sich Webseiten abonnieren – und über Leseapps wie beispielsweise Feedly (für Android) lesen. In meiner Feedly-App lese ich also das Neueste von The Verge, Techgadget, netzpolitik.org und anderen, ohne die Webseiten zu besuchen.

Wann entstanden RSS-Feeds? Sie entstanden zu einer Zeit, in der im Internet noch alles möglich schien, in der selbst bei großen Tech-Konzernen wie Apple Menschen wie Ramanathan V. Guha arbeiteten. Er brachte das offene Web voran und errichtete eben nicht zuvörderst abgeschlossene Silos , die Nutzende möglichst lange bei sich halten, wie Facebook, Insta, TikTok oder LinkedIn heute. Guha wechselte 1997 zu Netscape – erinnert sich noch jemand an den Browser, der in den frühen Internet-Tagen mit dem Internet Explorer konkurrierte?

Ein Treppenwitz der Tech-Geschichte: Netscape wurde an der Universität Illinois ursprünglich als “Mosaic-Browser” von einem jungen Mann namens Marc Andreesen entwickelt. Andressen hatten die Ideen, die Tim Berners-Lee für ein offenes Internet in Protokolle umgesetzt hatte, begeistert. Später verkaufte Andreesen Netscape und investierte seinGeld in Firmen, die das Internet dfann ins Gegenteil verkehrten: Facebook oder Twitter. Heute ist Andreesen auch einer der Tech-Bosse, die ein ganz eigenes, undemokratisches Verständnis von “free speech” im Internet vertreten.

Bei Netscape entstand im März 1999 der RSS-Vorgänger RDF, der im Juli dann als RSS 0.9 auf den Markt kam. Danach aber passierte nicht mehr viel – was möglicherweise auch damit zu tun hat, dass Marc Andreesen schon damals wenig von einem offenen Internet hielt. Denn das nur die Welt etwas besser machen, ihn dagegen nicht schnell reicher. 2001 stellte Netscape seinen RSS-Support im Browser ein, aber andere Entwickler blieben dran (auch Mozilla nahm den RSS-Support in seinen Browser auf). 2003 nahm die Harvard-Universität das RSS-Format dann unter ihre Fittiche und schuf ein RSS Advisory Board, das nach einem Neustart 2006 bis heute existiert und der Grundidee leidenschaftlich verhaftet bleibt:

There’s a resurgence of interest in RSS today as people discover the exhilarating freedom of the open web. Some of this is due to dissatisfaction with deleterious changes at big social sites like Twitter and Reddit. Some is due to satisfaction with Mastodon, a decentralized social network owned by nobody with more than one million active users. As long as there are social media gatekeepers using engagement algorithms to decide what you can and can’t see, there will be a need to get around them. When someone offers an RSS or Atom feed and you subscribe to it in a reader, you get their latest updates without manipulation.

Quelle: https://www.rssboard.org/

Weil das so eindrücklich ist, übersetze ich es auch auf Deutsch:

Das Interesse an RSS steigt heute wieder, weil die Menschen die berauschende Freiheit des offenen Webs entdecken. Zum Teil ist dies auf die Unzufriedenheit mit den schädlichen Veränderungen bei großen sozialen Websites wie Twitter und Reddit zurückzuführen. Ein anderer Teil ist auf die Zufriedenheit mit Mastodon zurückzuführen, einem dezentralen sozialen Netzwerk, das niemandem gehört und mehr als eine Million aktive Nutzer hat. Solange es in den sozialen Medien Gatekeeper gibt, die mit Hilfe von Algorithmen entscheiden, was man sehen kann und was nicht, wird es einen Bedarf geben, diese zu umgehen. Wenn jemand einen RSS- oder Atom-Feed anbietet und man ihn in einem Reader abonniert, erhält man die neuesten Updates ohne Manipulation.

Also: Berauscht Euch. Und macht dem RSS-Standard ein Geburtstagsgeschenk – probiert ihn doch mal wieder aus, mit einem Feedreader. Zum Beispiel so oder so. Happy Birthday!

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