... und was sie mit StarTrek und Stricken zu tun hat.
„Wir sind die Brandmauer.“ Gerade bin ich mit zehntausenden (lt. Veranstalter Fridays for Future 50.000, lt. Polizei 60.000) durch Hamburg gezogen. So eine freundliche, gute, energiegeladene Atmosphäre – und so ein wichtiges Signal. Mir tut es richtig gut, dabei zu sein. Gut, aber was hat das mit diesem Newsletter zu tun? Und erst recht mit Star-Trek und Stricken?
Ich finde es faszinierend, wie wenig Verbindungen wir nach wie vor schlagen zwischen erstarktem Rechtsextremismus und dem, was auf (nicht-)sozialen Plattformen passiert. Nehmen wir Maja Göpel, Politökonomin und Transformationsforscherin, die auf der Kundgebung in Hamburg gesprochen hat.
Was hat Maja Göpel gesagt? Vieles, was richtig ist: Wir brauchen Türen in der Brandmauer, damit Menschen auch zurück in die demokratische Mehrheit finden.✅ Unsere Gesellschaft ruht auf einem sozialen Vertrag, der verspricht, dass der Wohlstand allen zu Gute kommen muss. Das Versprechen müssen wir halten.✅ Und die Vermögenden müssen sich zur Gesellschaft bekennen und mehr leisten als heute, um sie zu schützen.✅ Aber dann sagte sie am Ende: „Ich bin Maja Göpel, und ihr findet mich bei all diesen sozialen Medien.“❌
Ist das schlimm? Nein, schlimm finde ich das nicht wirklich. Aber wer so reflektiert über Rechtsextremismus und unsere Gesellschaft spricht, kann doch nicht ignorieren, welchen Anteil „diese sozialen Medien“ an eben dieser Entwicklung haben. Wie sehr sie Gesellschaft spalten, zeigt zum Beispiel eine aktuelle Studie. Immerhin: Maja Göpel postet auch auf Bluesky (über Bluesky habe ich im letzten Newsletter geschrieben). Göpels Bluesky-Posts finden sich nach wie vor auch auf X-Twitter, im Fediverse ist sie dagegen nicht aktiv. Übrigens anders als viele Fridays for Future Gruppen, die Mastodon stärken.
Geht´s überhaupt um Maja Göpel? Überhaupt nicht! Es geht darum, dass wir alle nicht übersehen dürfen, welchen Anteil Plattformen wie Facebook, X-Twitter oder TikTok daran haben, dass die Ränder unserer Gesellschaft stärker werden. Die populärste Partei auf Plattformen wie Facebook, Insta und TikTok ist mit großem Abstand die AfD. Björn Höcke hat die höchste Engagementrate.
Was meinst Du mit also „digitaler Brandmauer“? Wir müssen nicht nur raus auf die Straße, sondern auch im digitalen Raum das stärken, was nicht polarisiert. Das, was Posts transparent verteilt statt durch die Algorithmus-Blackbox. Mehr von uns müssen alternative Netzwerke nutzen, die nicht von US- oder chinesischen Konzernen beherrscht werden, deren Bosse zumindest in Teilen ein sehr seltsames Verständnis von Freiheit haben.
Müssen also alle Facebook, TikTok & Co. verlassen? Nein, nicht missverstehen bitte – auch, wenn ich persönlich es ohne LinkedIn und Instagram versuche, ist das nicht für jeden der richtige Weg. Dafür sind die Plattformen zu tief in unsere Leben eingedrungen, und die Alternativen sind noch zu schwach. Aber: Wir werden mehr auf alternativen Plattformen. 💪💪
Wie sind viele, auch digital.
Ist Jean-Luc Picard auch im Fediverse? Wie finde ich heraus, wer dort aktiv ist? Es gibt einen ganz fantastischen Account, der täglich spannende Profile vorschlägt: FediFollows ❤️. Star-Trek-Fans zum Beispiel bekommen von „Star Trek Minus Context“ täglich Stills aus Star-Trek-Filmen (siehe oben). Genauso wie Trööts zu Homebrewing, Wissenschaftlichen Journalen oder, hey, Alaska.
Gibt´s das auch irgendwo übersichtlich? Yep, das Fedi.Directory erinnert mich ein wenig an die frühen Seiten von Yahoo oder Altavista aus dem letzten Jahrtausend – ein Verzeichnis unzähliger Accounts, die schon im Fediverse unterwegs sind. Wir wär´s mit allen Nutzenden, die stricken , fischen oder Schach spielen – abgesehen natürlich von Außenpolitik und investigativem Journalismus.
Spam überschwemmt das Fediverse
Was ist da los? Das Fediverse erlebt in diesen Tagen eine miese Spamwelle. Seit rund zehn Tagen schicken neu eingerichtete Fediverse-Konten Einladungen an einen japanischen Discord-Server, der wohl von Trollen gesteuert wird, genauer: von japanischen Mittelschülern. Ziel der Attacke – war offenbar die Attacke selbst, ein Muskelspiel zwischen “Teenage Hackern”.
Wie ging die Attacke zu Ende? Einer der Urheber gab irgendwann auf – in diesem sehr guten Text über die Attacke vermutet der Autor, “amex2189” könnte entweder ein Opfer seiner Eltern geworden sein 👨👩👧👦, die informiert wurden und seine Geräte eingezogen haben 🤷♀️- oder er könnte festgenommen worden sein.
Warum ist das wichtig? Weil das Fediverse lernen kann (und muss): Viele Server lassen eine offene Anmeldung zu, ohne Spam-Kontrolle oder andere Begrenzung. Das Fediverse lässt sich noch leicht überfordern mit einfachen Skripten. Und das Fediverse braucht leistungsfähige Moderationstools, um mit solchen Attacken umzugehen.
Warum gibt es das nicht schon lange? Weil viel zu wenig Geld in die Entwicklung des Fediverse fließt. Vor allem Spenden der Nutzenden finanzieren die Server – aus meiner Sicht muss deutlich mehr staatliche Förderung in diese Infrastruktur fließen (statt beispielsweise hunderttausende Euro Standortförderung für Festivals wie die Online Marketing Rockstars auszugeben).
Und sonst so?
Bluesky öffnet sich. Das hatte die Plattform schon lange versprochen und dafür das “AT-Protokoll” entwickelt: eine andere “Sprache” als der Standard ActivityPub, den das Fediverse nutzt. Bisher lautete die Kritik an Bluesky: Es gibt zwar dieses offene Protokoll, aber trotzdem erlaubt die Plattform anderen Diensten nicht wirklich, es auch zu nutzen. Nun hat Bluesky erklärt, ab sofort zu förderieren, sich also zu öffnen.
Mozilla macht die Biege und reduziert sein Investment in eine eigene Mastodon-Instanz: mozilla.social sieht die Stiftung (die auch den Firefox-Browser entwickelt) nicht mehr als Priorität, dafür soll mehr Geld in KI-Projekte fließen. Die Mastodon-Android-App will Mozilla nicht weiterentwickeln, die Entwickler kümmern sich künftig ohne Mozillas Hilfe um die App unter dem Projektnamen “Firefly“.
Ein neues Handy aus Deutschland, weitgehend Google-frei: ShiftPhone hat sein Funding-Ziel für das ShiftPhone 8 erreicht: 3333 Nutzende haben vorbestellt. Interessant an dem Hersteller aus Falkenberg in Nordhessen neben der weitgehend fairen Fertigung (allerdings in China): Die Telefone können mit dem Betirebssystem ShiftOs-Light ausgeliefert werden, das weitgehend ohne Google-Apps und -Services auskommt.
Nach Hause telefonieren...
Dieser Mann spricht mit der ISS. Mit einer selbst gebauten Antenne, das rechtfertigt ausnahmsweise einen Link zu Youtube. Wer schaut, braucht ein wenig Geduld. Aber dann antwortet plötzlich die ISS. Wer es auch probieren möchte: Es gibt sogar ein inoffizielles Programm für Amateurfunker, die hoch hinaus wollen.
Das war´s für heute. Dieser Newsletter kommt über ein konzernfreies WordPress-Plugin zu Dir: Vielleicht läuft noch nicht alles rund? Dann freue ich mich, von Dir zu hören. The New Social ist kostenlos und bleibt es auch – mein Lohn wäre, wenn Du anderen vom Newsletter erzählst und mir hilfst, mehr Leser*innen zu finden. Danke!
Kein Anschluss unter dieser Email-Adresse: Entschuldigt bitte – diese Adresse hat in den vergangenen Wochen noch nicht funktioniert, aber nun funzt sie. Schon wieder Danke an Dirk von Gehlen.